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Dubiose Symbiose – Balsam für’s Ohr

Lest mal, was Kilo Jules über die Dubiose Symbiose LP zu sagen hat.

Tatsächlich gibt es hier genau das was der Titel verspricht: Balsam für’s Ohr. 2019 wurde das Musikprojekt in’s Leben gerufen und rund ein Jahr später erscheint eine LP auf Vinyl sowie in digitaler Form. Dicke Bässe und fetter Sound (ohne künstlich aufgeblasen zu wirken) sowie Lyrik und Rhetorik vom Feinsten stehen hier auf dem Hörplan.

Die soundsystemtaugliche Musik wird zur willkommenen Abwechslung, mal nicht mit englischen Texten versehen. Benjamin Stötter, welcher durch eine Kollabo mit Wicked & Bonny vor ein paar Jahren gefühlt aus dem Nichts daherkam und Eindruck auf Dances hinterlies, reflektiert, schimpft, stößt (zum Nachdenken) an und erzählt uns eine wunderbare Geschichte. Die Texte schaffen einen beeindruckenden Spagat zwischen messerscharfer Systemkritik, Alltagssituationen und Problemen des Gewohnheitstiers Gattung Mensch.

Die Produktion ist wunderbar dick und der Sound hinterlässt schon auf den Heim-Boxen einen bleibend-positiven Eindruck. Verantwortlich für die Musik ist Lukas Mariacher der im eigenen Innsbrucker Studio über die wichtigen Stellschrauben waltet. Der große Beitrag an live eingespielten Instrumenten trägt aktiv zu einem wahrlich ausgewogenen Klangbild bei. Auch die instrumentalen Stücke funktionieren wie sie sollten und geben dem Produzenten genug Spielraum zum Austoben. Ich ziehe meinen Hut vor einem Projekt-Debut das sich musikalisch und technisch kaum vor internationalen Größen verstecken muss.

Das Projekt stellt in meinen Augen zwei Dinge klar:

Erstens muss deutschsprachiger Reggae nicht nur Live-Bühnenmusik sein sondern in der Soundsystemszene seine unbedingte Daseinsberechtigung haben.

Zweitens ist es möglich sprachlich wunderbar zu fließen und tiefgründige, bewusste Impulse zu setzen. Dabei beinhalten die Aussagen keine ungeschickten oder durch das Deutsche, peinlich wirkenden Wortaneinanderreihungen. Zudem zeigen die Texte, dass es möglich ist, Reggaemusik im Dubkosmos zu produzieren, ohne an den allseitsbekannten und omnipräsenten Textelementen, Floskeln und Themen festzuhalten. Benjamin schafft es in meiner Wahrnehmung Babylon auf eine weitaus tiefdringendere Art und Weise brennen zu lassen. Beispielsweise kann jeder wahrscheinlich die Metaebene von Heimat nachvollziehen. Diese Thematik könnte ich genauso auf meine Wurzeln in Bayern oder die Wahlheimat Thüringen beziehen. Denn die Südtiroler Hassliebe scheint auf viele Längen- und Breitengrade abwandelbar zu sein und beschreibt sehr malerisch ein wiederkehrendes Phänomen in meinem Kopf. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele Menschen beim Zuhören Hirn und her gerissen sind. Dieses Räderwerk…

Und hier finde ich meinen persönlichen roten Faden: irgendwie weiß ich ganz genau, was mir da erzählt und vorgesungen wird und kann viele Aussagen auf meine eigene Person und mein Umfeld projizieren. Und hey, scheinbar gibt es jemanden der den Gedanken auch eine schöne Sprachform und Ordnung verleihen kann.

Außerdem sympathisch, dass man die streng limitierte Schallplatte nur über eine kleine lokale Infrastruktur bekommen kann. Ihr könnt sie aktuell nur in ausgewählten Recordshops oder über den direkten Kontakt dubiose.symbiose@gmail.com sowie auf dem Facebookaccount des Projekts erhalten.

-Kilo Jules

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