Holy Tongue, Beatrice Dillon, Lamin Fofana, LABOUR

Wer auf traditionell afrikanische Trommeln und gegenwärtige Electronica steht, ist hier genau richtig.

Das spannende Label Honest Jons ist offen für interkulturellen Austausch. Man erinnere sich an Tony Allens Lagos Shake oder Shackletons The Majestic Yes aus letztem Jahr. Beim aktuellsten Projekt geht es nach Westafrika, genauer gesagt nach Senegal und dessen berühmten Mbalax Stil. Mbalax mischt traditionelle Trommeln mit westlichen Rhythmen, die von Pop bis Soca reichen können. Wohl bekanntester Vertreter aus dem Mbalax ist übrigens Youssou N’Dour, manche kennen vielleicht noch seinen Radiohit 7 seconds. Für die aktuelle Scheibe des Londoner Labels geht es jedoch etwas rougher zu. Honest Jons haben nämlich ein paar ziemlich coole Leute eingeladen, um aus Aufnahmen der Mbalax Meistertrommler neue Stücke zu zaubern, die den traditionellen Spirit bewahren und dabei herrlich frisch und futuristisch wirken.

Zu Beginn kommt das avantgardistische Dub Trio Holy Tongue zum Zug, die mit Dey Sey einen ziemlichen Hammer abliefern. Gewohnt deep und mit treibender Rhythmik ziehen mich der Track und seine zwei begleitenden Dub Versionen sofort in den Bann. Vor allem Dub II übertreibt es richtig gut 🙂 Weiter geht’s mit Beatrice Dillon, die mit ihren Stücken rhythmisch komplexe Drum Arrangements mit ausgeklügelter Electronica vermischt. Es lohnt sich definitiv mal in ihre Musik reinzuhören. Auf dem hier zu findenden Track 2020 werden messerscharfe Synthis in den Raum gestellt, welche sich im Verlauf des Stückes mit Trommeln von Beaugars Seck ergänzen und zu einem eklektischen Hörerlebnis verschmelzen. Der aus Sierra Leone stammende Produzent Lamin Fofana wartet mit zwei äußerst tanzbaren Versionen seines Niary Ngorong auf. Die traditionellen Trommeln vermischen sich hier mit hypnotischen Elementen zu einem einzigartig groovigen Flow, der schon fast trippig daher kommt. Dabei nimmt mich der Itinerant Mix am meisten mit. Sehr nice! Zum Schluss kommt das Duo LABOUR mit dem wohl experimentellsten Ansatz der Platte. Ihr Stück Etu Keur Gui kommt in zwei Teilen und wirkt im ersten Part ziemlich mitreißend, bezaubernd und teils scary. Auf einer Art Klangreise gehen wir durch Field Recordings und werden direkt nach Dakar gezogen. Das Soundbild ergänzt sich durch abgedrehte Syntheinwürfe, crazy Effekten und eingängigen Drums die in einem Strudel abstrakter Klangflächen direkt ins Bewusstsein dringen. Part 2 wirkt dann schon fast harmlos, was aber auch einen runden Abschluss für den Ausflug nach Senegal macht. 

Ein äußerst interessantes Projekt, das Honest Jons hier an den Start gebracht haben. Mich faszinieren vor allem die unterschiedlichen Herangehensweisen der einzelnen Künstler*innen in der Be- und Verarbeitung der Aufnahmen traditionell westafrikanischer Trommeln. Solche Projekte sind wichtig, da sie uns einen Zugang zu fast vergessenen Musikformen und Traditionen gibt, die in ihrem Kern oft progressiver sind als unser gegenwärtiges Verständnis von Musik. 

Alle die offen für solche Projekte sind, sollten unbedingt mal hier reinhören.

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Text: Dubby T.

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