Wer vom 18. bis 21.04. in Berlin war und Lust auf Soundsystem hatte, hatte die Qual der Wahl. Sessions von King David Soundsystem, The Bug’s ‚PRESSURE‘ Eventreihe und der sonntägliche Abschluss beim Dubcafé powered by Super Power Soundsystem sorgten für ein buntes und basslastiges Wochenende. Als willkommene Abwechslung zum nächtlichen Treiben zog an diesem Wochenende das Soundsystem auch in das Kunstquartier Bethanien.
Dort fand von Donnerstag bis Sonntag ein von Eugenia Seriakov & Josephine Doepner (Sound System Culture – on the radical roots of rave) kuratierte Festival zum Thema Sound System Culture – As it Sounds statt. Auf Besuchende wartete ein breites Programm aus Kunstausstellung, Inforeihe, Vorträgen und Live-Performances unterschiedlicher Art.
Mit einem diversen Lineup von Dub, über Tekno bis hin zu Noise und elektro-akustischen Konzerten, von den Berliner Roots Daughters, zu den Breakcore Pioneer:innen Psychic Defence (u.a.), umspannt das Symposium die Facetten der Entstehungsgeschichte des Sound Systems seit seinen Anfängen in Jamaica der 1950er Jahre bis heute.
Das Festival hat sich zum Ziel gesetzt „den akademischen Diskurs auf die Tanzfläche, die Party in den Hörsaal und die Soundanlage als Kunstobjekt in die Galerie [zu bringen].“ (aus dem englischen Veranstaltungstext übersetzt) und schafft das, wie ich finde, ganz gut. Die Veranstaltung sprengt die oft erlebten Grenzen zwischen „Hoch“- und „Sub“-Kultur und lädt dazu ein sich näher und vor allem aktiv durch Workshop und Lectures mit dem Sound System als Kulturobjekt zu beschäftigen, als man das so oft tanzend vor dem Boxenturm tut.
Die Kunstausstellung in Zusammenarbeit von Fabio Ney und Student:innen der Kunstuniversität Linz führt außerdem verschiedene Aspekte des Nachtlebens in den Fokus.
Fabio stellt mit seinen Fotografien das Soundystem selbst in den Fokus, während es im Raum nebenan vorrangig um soziotheoretische Themen, wie Raumaneigung, Clubkultur u.ä. geht. So liegen beispielsweise vermeintliche Zigarettenkippen auf dem Boden, bis man bei näherem Betrachten darin eine Kunstinstallation entdeckt.
Als Soundsystembetreiber ist es schön zu sehen, dass das Soundsystem in einen Fokus gerückt wird, der fern vom Konsum ist. Ein Soundsystem ist mehr als nur ein Mittel zum Feiern. Mehr als nur eine Schallquelle. Es ist Gemeinschaft, Zusammenhalt und Identität.
📸 jiajing zhang
Das Programm mit den vielen unterschiedlichen Programmpunkten von Vorträgen, Workshops, Live-Performances zeigt außerdem, welche Bandbreite an Themen eine Relevanz für Soundsystemkultur haben.
Daher geht an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Kuratorinnen und alle beteiligten Künstler:innen für diese Arbeit und die leichte Hoffnung in mir, dass das Projekt zu Nachahmungen und ähnlichen Formaten in anderen Städte oder Festivals anregt und man sich abseits seines eigenen Hedonismus mit dem Thema Soundsystem beschäftigt.