Vor kurzem ist das fresheste Stück Dubmusik erschienen, das ich dieses Jahr bisher gehört habe. Perpetual Musket heißt die LP und kommt von Elijah Minnelli “in a different style”.
Vorrangig alte Folksongs bekommen auf dem Album einen neuen Anstrich und wurden vom Londoner Produzenten in Dub-/Reggae-Gewänder gesteckt, die passen wie der sprichwörtliche Deckel auf Topf.
Die LP kommt mit 4 Vocal Versions gefolgt von 4 dazugehörigen Dubversionen. Mit ins Boot geholt hat sich der Produzent Namen wie Little Roy, Shumba Youth, Earl 16 und Joe Yorke.
Bereits die vorherige Veröffentlichung des Londoner Produzenten Gradually, die 2023 als 7” auf Zam Zam Sounds erschien, hat mich direkt gefesselt und meine komplette Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Elijah Minnelli’s Produktionen kommen mit einem ganz eigenen Vibe, den ich nicht eindeutig beschreiben kann. Ein wenig verschroben, ab und zu düster, immer verspielt und nie aufdringlich. Laid back and full of vibes.
Die erste Singleauskopplung des Albums, Soulcake, wird vom jungen Londoner Sänger Shumba Youth vertont. Die Lyrics gehen allerdings ins mittelalterliche England zurück. Die ältesten Quellen datieren ins 16. Jahrhundert.
Das Souling fand im katholischen England des Mittelalters um Allerheiligen statt. Dem Allhallowtide kam in Großbritannien und Irland noch eine viel größere Bedeutung als hierzulande zu. Dabei handelte es sich um eine mehrtägige Ehrung der Toten, die aus All Hallows’ Eve (der Abend vor Allerheiligen), All Hallows (Allerheiligen am 1. November) und All Souls (Allerseelen am 2. November) bestand.
Soul Cakes wurden an Allerseelen gebacken und an Arme oder Kinder verteilt, die Gedichte oder Lieder vortrugen. Man glaubte, dass jeder verschenkte Soul Cake eine Seele aus dem Fegefeuer retten konnte. Dieser Brauch verschwand in Großbritannien nach der Reformation, hielt sich jedoch in einigen Regionen bis in die 1950er-Jahre.
Refrain
A soul, a soul, a soul cake,
Please, good missus, a soul cake!
An apple, a pear, a plum or a cherry,
Any good thing to make us all merry.
One for Peter, two for Paul,
Three for Him who made us all.
Das Lied wurde in der Vergangenheit vielfach aufgenommen, meistens natürlich im Folk-Kontext von Künstlern wie Peter, Paul and Mary und anderen.
Der Dancehall-Anstrich, den Elijah Minnelli dem Lied verpasst, wirkt auf keine Weise künstlich oder gestellt. Der Bass trägt die Lyrics, die Drums sind aufs Wesentliche reduziert mit dezenten Breaks. Shumba Youth, mir vorher unbekannt, brennt mir die Liedzeilen mit seiner schönen Stimme direkt ins Kleinhirn. Der Ohrwurm ist vorprogrammiert. Die dazugehörige Dubversion bricht den Riddim auf, zerlegt ihn und schickt ihn in kosmische Sphären.
Von mir eine klare Empfehlung, für alle, die nicht nur auf 0815-Stepper-Nummern stehen und abseits vom Einheitsbrei ein klein wenig Weirdness in ihrem Leben mögen 😉
Perpetual Musket ist am 21.06.2024 auf FatCat Records erschienen und erhältlich auf Bandcamp.
Text: Ju Lion